SCHWERMETALLE – AKTUELL

Zunehmende Belastung der arktischen Tierwelt durch Quecksilber


„Eisbären, Ringelrobben und Narwale im Nordpolarmeer sind immer stärker mit Quecksilber belastet. Das beklagt ein internationales Wissenschaftlerkonsortium in einem neuen Bericht. Schuld an der zunehmenden Schwermetall-Vergiftung ist der Klimawandel.“  Das berichtet Spiegel online am 5. Mai 2011. http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,760714,00.html

Hintergrund sind die steigenden Temperaturen in der Arktis, die dazu führen, dass der Dauerfrostboden auftaut und das Quecksilber frei gibt, dass seit Beginn des Industriezeitalters durch Kohlekraftwerke und andere Emissionsquellen vornehmlich aus Europa, Kanada und Russland über den Luftweg und Niederschläge ins arktische Eis gelangten und dort abgelagert wurden. Nun wird eine zunehmende Belastung der Lebewesen dieser Region durch eben dieses Quecksilber gemessen. Dies kann für diese Tiere zu ernstzunehmenden Gesundheitsproblemen führen. Doch damit noch nicht genug. Die Wissenschaftler wären auch gut beraten, nach einem weiteren Metall zu suchen: Blei. Bereits 1965 wurde eine Studie veröffentlicht, die den Anstieg der Konzentration von Blei im Eis von Grönland von 800 vor Christus bis ca. zum Jahr 1960 dokumentiert. Auch hier ist ein deutlicher Anstieg mit Beginn der Industrialisierung zu verzeichnen. So muss man leider davon ausgehen, dass auch dieses giftige Metall durch das Wegschmelzen des Eises die Region und deren Lebewesen belastet.

Jenseits der Grenzwerte: Quecksilberbelastung von Hummer

Italien/Norwegen 23.Mai 2013

Italienische Forscher, die die Quecksilberbelastung von norwegischem Hummer untersuchten fanden große Mengen an hochgiftigem Quecksilber. Die Quecksilbermenge war im weißen Hummerfleisch größer als im braunen Hummerfleisch. Die europäischen Grenzwerte wurden in jeder Stichprobe überschritten. Durch das Kochen des Hummers wurde die Quecksilberkonzentration in statistisch relevantem Maß weiter gesteigert, die Selenkonzentration jedoch verringert.

(Perugini M, Visciano P, Manera M, Abete MC, Gavinelli S, Amorena M. Environ Sci Pollut Res Int. 2013 May 23)

„Blei im Boden: Streit um belastete Schießstände“

„Droht den Schützen Blei-Stopp?“


Unter diesen Überschriften berichtete die Ostsee Zeitung (OZ) in zwei Zeitungsberichten am 16. und 22.Mai 2011 über die Bodenbelastung durch bleihaltige Munition in Mecklenburg-Vorpommern. Ein Ferienhausbesitzer hatte geklagt, weil seine Flächen in der Nähe eines Schießstandes durch bleihaltige Projektile belastet wurden. Das hat den Stein ins Rollen gebracht. Die OZ berichtet: „Umweltschützer sind alarmiert. „Die zuständige Kontrollbehörde hat komplett versagt“, kritisiert Arndt Müller vom Bund für Umwelt und Naturschutz MV (BUND). Es sei unverantwortlich, dass die Zustände erst auf Drängen eines Bürgers bekannt geworden sind. Auf der Wariner Anlage sollen sich in 50 Jahren rund 112 Tonnen Blei im Boden angesammelt haben. Der Landtagsabgeordnete Wolfgang Griese (Linke) gehe von 20 betroffenen Anlagen aus. Ein Schützenverein in Warin/ habe sich wegen der hohen Sanierungskosten bereits aufgelöst. „

http://www.ostsee-zeitung.de/wismar/index_artikel_komplett.phtml?param=news&id=3120263
http://www.ostsee-zeitung.de/vorpommern/index_artikel_komplett.phtml?SID= 41da4625c062a16dda769de4503b55ec&param=news&id=3124299

Ingesamt wird in Deutschland Wald und Flur jährlich mit tausenden Tonnen (!) Bleischrot durch Jagdmunition belastet. Da Blei von Lebewesen nicht abgebaut sondern nur umverteilt werden kann, nimmt die Belastung von Mensch, Natur und Tieren  Jahr für Jahr zu.
Weil die tödliche Bleivergiftung von Seeadlern zu einer ernstzunehmenden Bedrohung für diese Tierart geworden ist, fordert der Landesverband Brandenburg des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) die zuständige Landesregierung dazu auf bleihaltige Jagdmunition zu verbieten.

http://berlin.nabu.de/imperia/md/content/berlin/tiere_pflanzen/10-2011_nabu_fordert_verbot_von_bleimunition.pdf

In der entsprechenden Mitteilung des NABU Brandenburg vom 21.02. 2011 werden 4 aktuelle Fälle von Bleivergiftungen bei Seeadlern dokumentiert:
„Informationen zu den aktuellen Fällen:
Nachfolgend die Auflistung der letzten vier Fälle aus Brandenburg. Alle Vögel wurden vom Verein Aquila e. V. in die Kleintierklinik der FU Berlin in Berlin-Zehlendorf transportiert, die tiermedizinische Betreuung und die Diagnose wurde dort in allen Fällen von Dr. Kerstin Müller vorgenommen:
1.) 14. September 2010 bei Basdorf/OPR, immat. Weibchen – Jungvogel, Bleivergiftung, 1,24 ppm Blei im Blut, 17.09.09 verendet
2.) 6. Dezember 2010 bei Straupitz/LDS, ad. Weibchen – Altvogel, Bleivergiftung, 0,88 ppm Blei im Blut, Kachexie, bisher noch lebend, seit 19.1.11 an der Naturschutzstation Woblitz
3.) 6. Februar 2011 bei Bork/PR, ad. Weibchen – Altvogel, Bleivergiftung, 1,14 ppm Blei im Blut, 12.2.11 eingeschläfert
4.) 10. Februar 2011 bei Freyenstein/OPR, ad. Männchen – Altvogel, 5,80 ppm Blei im
Blut, 11.2.11 verendet. ca. 0,9 g Blei im Magen-Darmtrakt. „

Weitere Informationen zum Thema Bleimunition findet man auch auf der Homepage des
NABU Brandenburg: www.NABU-Brandenburg.de

Die Frage an die verantwortlichen Politiker lautet:
„Schauen Sie nur zu, weil sie selbst Jäger sind?

Zunahme der täglichen Schwermetallbelastung durch Nahrungsmittel um 33%

 

Im Juli 2010 wurde eine Studie veröffentlicht, die sich mit der  durchschnittlichen Schwermetallbelastung pro Tag in der spanischen Region Katalonien beschäftigt.

Zahlreiche Proben von sehr häufig gegessenen Lebensmitteln wurden untersucht und mit Zahlen aus dem Jahr 2006 verglichen. Dabei zeigte sich eine Zunahme der täglichen Schwermetallaufnahme um ca. 1/3 innerhalb von 4 Jahren. Besonders deutlich war der Zuwachs bei Arsen und Blei wogegen die tägliche Quecksilberaufnahme leicht rückläufig war. Beachtenswert ist dabei, dass Arsen und Blei nach Einschätzung von amerikanischen Umweltschutzbehörden die 2 schädlichsten Substanzen weltweit sind.

 

Toxisches Metall 2010 2006 Differenz
Arsen 328,37 261,01 +  67,36
Anorganisches Arsen 16,22 33,17 –   16,95
Cadmium 19,47 9,80 +    9,67
Quecksilber 11,39 12,61 –   1,22
Methylquecksilber 10,25 11,35 –    1,10
Blei 101,47 45,13 +  56,34
Gesamt 2006-2010 487,17 373,07 +  114, 10 ug/T

Durchschnittliche tägliche Schwermetallaufnahme in Katalonien durch Nahrungsmittel (ug/T)

 

Hinzu kommt, dass Arsen, Blei, Cadmium und Quecksilber im Körper bei chronischer Zufuhr gespeichert werden und so auch aus kleinen Mengen im Laufe von Jahren und Jahrzehnten Schäden für die Gesundheit entstehen können.

Und wie sieht es in Deutschland aus? Die Frage bleibt offen, denn es gibt keine Untersuchungen über die aktuelle durchschnittliche Schwermetallaufnahme durch Nahrungsmittel in Deutschland. Wo nicht gemessen wird, da gibt’s auch kein Problem – oder?

(Martorell I, Perello G, Marti-Cid R, et al. Human Exposure to Arsenic, Cadmium, Mercury, and Lead from Foods in Catalonia, Spain: Temporal Trend [epub ahead of print] [Record Supplied By Publisher] Biol Trace Elem Res (United States), Jul 30 2010, p)

Schwermetalle als Auslöser psychischer Beschwerden werden meist übersehen


Schwermetalle sind Ursachen für psychische und neurolgische Beschwerden. Dazu zählen Kopfschmerzen, kognitive Funktionsstörungen, Gedächtnisstörungen und Depressionen.
SJ Genuis von der Universität Alberta in Kanada weist darauf hin, dass Schwermetalle und andere Umweltgifte als Auslöser von psychischen Beschwerden oft übersehen werden.
Dadurch bleiben hilfreiche Entgiftungsmassnahemn ungenutzt und die Patienten werden allzuoft unnötig durch die Gabe nicht ursächlich wirkender Medikamente (Antidepressiva,..) weiter geschädigt.

( > Genuis SJ. Toxic causes of mental illness are overlooked. Neurotoxicology (Netherlands), Nov 2008, 29(6) p1147-9)


Allergische Hautreaktionen


Neben Nickel können weitere Metalle wie Aluminium, Beryllium, Chrom, Kobalt, Kupfer, Gold, Palladium, Platin und Titan allergische Hautreaktionen hervorrufen.
Beachtenswert ist dabei, dass der Kontakt mit den allergieauslösenden Metallen nicht nur durch Hautkontakt (Schmuck, Tattoos, Kosmetika), sondern auch durch Aufnahme der Metalle in den Körper ausgelöst werden können. Dies gilt auch für Hüftgelenksprothesen und Zahnersatzmaterialien.

( > Forte G, Petrucci F, Bocca B. Metal allergens of growing significance: epidemiology, immunotoxicology, strategies for testing and prevention.
Inflamm Allergy Drug Targets (United Arab Emirates), Sep 2008, 7(3) p145-62)

Metalle mit östrogenartiger Wirkung


Blei, Quecksilber,Nickel, Chrom,Kobalt,Kupfer und Zinn stimulieren das Wachstum von menschlichen Brustkrebs-Zellen durch östrogenartige Wirkung.
( >  Martin MB, Reiter R, Pham T, et al.Estrogen-like activity of metals in MCF-7 breast cancer cells.Endocrinology (United States), Jun 2003, 144(6) p2425-36)

Quecksilber und Durchblutungsstörungen


Eine chronische Belastung mit geringen Mengen von anorganischem Quecksilber löst eine erhöhte Bildung freier Radikale mit einer daraus folgenden Gewebs- und Gefäßschädigung aus. Dies führt zu einer erhöhten Sterblichkeit durch Bluthochdruck, Herz-, Lungen- u. Nierenerkrankungen.
(> Boffetta P, Sallsten G, Garcia-Gomez M, et al.Mortality from cardiovascular diseases and exposure to inorganic mercury.Occup Environ Med (England), Jul 2001, 58(7) p461-6)


Quecksilber im Speisefisch kann das Herzinfarktrisiko erhöhen

Speisefische sind eine Hauptquelle der menschlichen Quecksilberbelastung. Der Quecksilbergehalt der Fische wirkt den vorteilhaften Effekten seiner Omega-3 Fettsäuren entgegen.
( > Guallar E, Sanz-Gallardo MI, van’t Veer P, et al.Mercury, fish oils, and the risk of myocardial infarction.N Engl J Med (United States), Nov 28 2002, 347(22) p1747-54)


Es gibt keine absolut sicheren Grenzwerte beim Vorliegen einer Mehrfachbelastung mit verschiedenen toxischen Metallen


Bei der Untersuchung der Rolle von Schwermetallen auf die Krebsentstehung kam Dr. Emily F. Madden zu dem Schluß, dass die gemeinsame Wirkung verschiedener Metalle größer sein kann, als die Summe  ihrer Einzelwirkungen.

3 Jahre später wiesen ungarische Wissenschaftler darauf hin, dass ungiftige Mengen (No observed Effect Level = NOEL) von Blei (Pb) in Kombination mit Quecksilber (Hg) oder Cadmium (Cd) toxische Wirkungen zeigen. Alle 3 Metalle können über die tägliche Nahrung aufgenommen werden.

Die Ergebnisse lassen darauf schließen, dass Grenzwerte bei Exposition gegenüber einer Kombination von potentiell toxischen Metallen wirkungslos sein können.

(>E.F.Madden:The Role of Combined Metal Interactions in Metal Carcinogenesis: A Review. Rev Environ Health Vol 18(2):91-109(2003)
(>Institoris L, Kovacs D, Kecskemeti-Kovacs I, et al. Immunotoxicological investigation of subacute combined exposure with low doses of Pb, Hg and Cd in rats. Acta Biol Hung (Hungary), Dec 2006, 57(4) p433-9)

Chronische Bleivergiftung – die wahrscheinlichste Ursache für Ludwig van Beethovens Taubheit

Verschiedene Ursachen können für den tragischen Hörverlust des berühmten Komponisten Ludwig van Beethoven mit großer Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden: In den Autopsiebefunden fanden sich keine Hinweise für eine Verkalkung der Gehörknöchelchen (Otosklerose). Der langsame über Jahre hinweg fortschreitende Hörverlust unterscheidet sich von dem bekanntem autoimmun bedingtem Hörverlust, der sich schnell fortschreitend in einem Zeitraum von einigen Monaten entwickelt. Auch litt Beethoven nicht an blutigem Durchfall, als Zeichen einer autoimmun bedingten entzündlichen Darmerkrankung. Da sich in seinen Haar- und Knochenproben keine Spuren von Quecksilber fanden, ist eine Quecksilbervergiftung auszuschließen. Ebenso ist eine Syphiliserkrankung als Ursache des Hörverlustes sehr unwahrscheinlich, da sie zur damaligen Zeit gewöhnlich mit Quecksilber behandelt wurde.

Allerdings wurden große Mengen an Blei im Knochengewebe gefunden. Dies spricht am ehesten für eine wiederholte Bleibelastung über eine längere Zeit und weniger für eine akute Bleivergiftung. Die Befunde geschrumpfter Hörnerven, die bei Ludwig van Beethoven gefunden wurden, entsprechen dem Bild einer Nervenschädigung, wie sie für eine Bleivergiftung typisch sind. Eine chronische niedrig dosierte Bleibelastung kann unter anderem zu einem langsam voran schreitenden Hörverlust führen. Das Blei stammt womöglich aus dem Wein, den Beethoven offensichtlich gerne trank.

(Stevens MH, Jacobsen T, Crofts AK. Laryngoscope. 2013 May 17)